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das beschauliche Magazin

AUF ZU NEUEM Ein Jahrhundert Kunst in privaten Sammlungen


Ausstellungsansicht Auf zu Neuem Landesgalerie NOe © Raffael F. Lehner

Ein rasanter Parcours durch die österreichische Kunstgeschichte in drei Stationen 


Wenig überraschend ist, dass Rudolf Leopold eine gewaltige private Sammlung angelegt hat, die mittlerweile zumindest zizerlweise in dem von ihm initiierten Museum der Öffentlichkeit zugänglich ist. Wie viel Kunst jedoch in den Depots von Banken, verstaatlichten Betrieben oder einfach in den Safes kunstaffiner Privatpersonen lagert, bleibt sehr oft ein gut gehütetes Geheimnis, mit Ausnahme davon, wenn einer der Sammler das Bedürfnis in sich verspürt, seine weniger begüterten Mitmenschen mit Kunstsinn und ästhetischem Idealismus beeindrucken zu wollen. Eine solche Situation beschert derzeit den Besuchern der Landesgalerie Niederösterreich die Möglichkeit, einen Blick in das diesbezügliche Besitztum beispielsweise eines Jenö Eisenberger, der Ehepaare Roman und Margit Fuchs sowie Bernhard und Elisabeth Hainz, in die Sammlung des Saitenproduzenten Infeld oder ganz geheimnisvoll auf die Großzügigkeit anonymer Sammler zu werfen. Offenbar macht es doch wesentlich mehr Freude, wenn eine solche Leidenschaft mit der Umwelt geteilt werden kann. Die Kuratoren Christian Bauer und Günther Oberhollenzer weisen darauf bereits im Titel der Ausstellung hin: AUF ZU NEUEM. Drei Jahrzehnte von Schiele bis Schlegel aus Privatbesitz“ (bis 6. Februar 2022) und geben darin zugleich die Marschrichtung für den Besucher vor. Dieser nähert sich in Zehnerschritten der Kunst der (österreichischen) Gegenwart. So wurde der Aufbruch, nicht zuletzt ausgelöst durch einen Expressionisten wie Egon Schiele, zwischen 1908 und 1918 angesetzt. Es folgt das Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg, das die Mitte des 20. Jahrhunderts entscheidend mit seiner verstörenden Wildheit geprägt hat, bis in den 1990er-Jahren ein Stilpluralismus sondergleichen auch hierzulande Platz gegriffen hat.

 
Arik Brauer, Rattenkönig © Christoph Fuchs

Privaten Sammlern wird zugestanden, dass sie in ihrem Engagement den Museen stets weit voraus waren. Christian Bauer durfte bei der Arbeit an dieser Schau klar feststellen: „Sie kauften Werke, deren Wertschätzung nicht zur Musealisierung gereicht hätte.“ Ob sich an dieser Einstellung der öffentlichen Häuser mittlerweile Entscheidendes gewandelt hat, bleibt offen. Denn der Geldmangel ist zeitlos. Also haben wir es beispielsweise bei der „Zerfallenden Mühle“ von Egon Schiele dem legendären Filmemacher Fritz Lang zu verdanken, dass er einst dieses Gemälde erworben hat, das nun erstmals plus Vorzeichnung zu sehen ist; oder die erschütternden Zeichnungen von Irrenhaus-Patienten des vergessenen Malers Max Mayrshofer, die zuletzt 1909 präsentiert worden waren. Nach 1945 mussten für die Kunst neue Wege gesucht werden und sie wurden gefunden. Im Art-Club und in der Sammlung Otto Mauer trafen sich Avantgardisten wie Arnulf Rainer, Maria Lassnig oder die phantastischen Realisten um Albert Paris Gütersloh. „Der Rattenkönig“ von Arik Brauer, eine bestialische Folterszene aus dem Jahr 1945, ist zum ersten Mal öffentlich zu sehen. Hans Staudacher ist mit einer düsteren Werkserie aus dem Nachkriegs-Wien vertreten und Ernst Fuchs mit einer Reihe früh entstandener Werke in seinem bis zuletzt praktizierten Stil. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1990 setzte gleichzeitig eine Öffnung in Richtung Europa hin auch in der Kunst ein. Verschiedenste Richtungen an Konzepten wirbelten durch die Ateliers und mischten den Kunstmarkt auf. Die nunmehr verwendete Palette reicht vom abstrakten Spielen mit Licht und Farben, extrem reduzierter Formensprache und dem Aufgreifen neuer Medien wie Video und Internet. U. a. von Erwin Wurm, Elke Silvia Krystufek oder Heimo Zobernig wurde bis hin zu den Geschlechterrollen alles hinterfragt und das Ergebnis des Nachdenkens darauf abgeklopft, ob es sich nicht in irgendeiner Weise als Kunst bezeichnen ließe. Die Sammler haben darauf eine deutliche Antwort gegeben, indem sie gekauft haben. Wenn für etwas viel Geld ausgegeben wird, dann ist allein damit in der Gegenwart ein bestimmter Wert festgelegt, unabhängig davon, was nachkommende Generationen davon halten mögen.


Und noch ein paar Bilder aus der Ausstellung:


Matthias Herrmann, Hell was Full, Courtesy Galerie Silvia Steinek


Peter Kogler, Ohne Titel, 1996 Courtesy: Sammlung Angerlehner, Thalheim / Wels


Arnulf Rainer, Die Brillenfrau, 1948/49 © Arnulf Rainer, Sammlung Zambo


Ausstellungsansicht Auf zu Neuem Landesgalerie NOe © Raffael F. Lehner


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