Kultur & Wein

das beschauliche Magazin

PIRIWE Ein traditionelles Weingut bricht auf zu Bio & Orange


Josef Piriwe mit dem Ohr am Chardonnay © Kultur & Wein

   Die Thermenregion ist prädestiniert für Weine der besondern Art




Dass sich die beiden typischen weißen Sorten an der Südbahn für Bio-Wein besonders gut eignen, davon ist Josef Piriwe überzeugt. Seit 1990 betreibt er mit seiner Frau Jana in Traiskirchen das etliche Generationen alte Weingut und den Heurigen, der sich unter Genießern mit seiner beachtlichen Auswahl an Käsesorten längst zum Pflichtbesuch gemausert hat. „Zierfandler und Rotgipfler leben nicht so sehr von der Primärfrucht, was auch für Weine aus biologischem Anbau generell gilt“, meint der Winzer, der seit etlichen Jahren an die Umstellung denkt, den sogenannten Kontrollvertrag bereits unterschrieben hat und sein Weingut ab 2022 als biologischen Betrieb bezeichnen darf. Er betrachtet diesen Aufbruch als Alterswerk, das mit dem Ruhestand in sechs Jahren durch den nächsten Schritt zu Biodynamisch gekrönt werden soll. Im Grunde geht es dem Winzer um mehr Bewusstsein im Leben, um eine spürbare Verbindung mit jedem einzelnen Rebstock und dem Blick auf die Nähe zur Natur. Deswegen betreibt er mittlerweile Versuche in nahezu allen Sparten alternativen Weinbaus. Seine eher traditionell eingestellte Stammklientel braucht dennoch nicht auf einen fruchtigen Einstiegs- oder großen Lagenwein verzichten. Auch diese Trauben gedeihen bereits in vollbegrünten Weingärten auf einem mit Kompost bereicherten Boden, was durchaus zu einer Steigerung der Qualität beitragen kann. Beim Piriwe gibt es also weiterhin den Welschriesling „Luftikus“ als flottes Heurigenachterl und für Connaisseure den großen Neuburger „Renaissance“ oder einen lange Zeit im Holzfass vergorenen und ausgebauten Chardonnay Bründlbach „Selektion“. Gerechnet wird mit der Zahl Pi, wenn es um das preisgekrönte Flaggschiff geht, dem in Wienerwald-Eiche ausgebauten Pinot Noir, einer strengen Lady: schön, sexy, aber unerbittlich, eben genauso wie es wahre Rotweinfreunde lieben.


Piriwes erster Orange-Wein © Kultur & Wein

Die Neuen im Sortiment bieten einen Überblick über das weite Feld der Experimente, die in Weingarten und Keller möglich sind. Noch kann man sie an einer Hand abzählen: ANSA, ZWARA, DREIA, VIERA. Josef Piriwe fasst sie unter „Weine der besonderen Art“ zusammen. ANSA ist ein gemischter Satz, der sich ganz in Orange präsentiert. Vergoren im Bottich ist er mit 11,5 Vol.% ein leichter Vertreter seiner Art, der in Reinheit und Süffigkeit auch kritische Geister zu überzeugen vermag. „Für mich soll er noch als Wein erkennbar sein“, lacht Josef Piriwe, „Erstens muss man ihn auch verkaufen können und zweitens mache ich schon 35 Jahre Wein und bin bestimmt nicht mehr so radikal wie ein Junger.“ Hinter dem ZWARA steckt ein unfiltrierter Chardonnay, dem die Vergärung auf der Hefe und fleißige Batonnage Honig, Ananas, reife Bananen und buttrige Noten geschenkt haben. Der Jahrgang 2017 ist extrem schwefelarm und darf daher bereits einen noblen Petrolton im Abgang aufweisen. In selbiger Machart ist der DREIA entstanden, ein sehr ruhiger Zierfandler mit Aromen nach süßen Früchten und Nüssen. VIERA ist ein St. Laurent, der erst beim Abfüllen etwas Schwefel erhält und als saftig, elegant mit sanftem Tannin als idealer Begleiter schon beim Mittagstisch beschrieben werden kann. Geplant sind ein Rotgipfler als FÜNFA und ein Pet Nat als SECHSA, ein Perlwein aus einer noch nicht offiziell benannten Piwi-Traube, die in Klosterneuburg gezüchtet wurde und allein wegen ihrer natürlichen Schädlingsresistenz die Vorgaben des Bio-Weinbaus erfüllt. Mut kann man Josef Piriwe also nicht absprechen, auch nicht die Zuversicht, für seine neuen Weine entsprechend Abnehmer zu finden, so lange er nur sein persönliches Motto beherzigt: „So wenig wie möglich und soviel wie notwendig“.




Wunderbare Jause beim Heurigen Piriwe © Kultur & Wein

 

Etikett von Piriwes Flaggschiffs PI © Kultur & Wein


 

zurück zur Titelseite